Nach Artikel 48 Abs. 1 ChemV muss die Herstellerin folgende Stoffe und Zubereitungen innert drei Monaten nach dem erstmaligen Inverkehrbringen melden:
a. die in Artikel 19 genannten Stoffe und Zubereitungen, unabhängig davon, ob für diese ein Sicherheitsdatenblatt erstellt werden muss;
b. Nanomaterialien, die nicht unter Buchstabe a fallen und die gezielt biopersistente9 Fasern oder Röhren mit einer Länge von mehr als 5 µm enthalten.10
Bei den in Artikel 19 genannten Stoffen und Zubereitungen handelt es sich um folgende:
a. gefährliche Stoffe und Zubereitungen (Artikel 3 ChemV);
b. PBT- und vPvB-Stoffe11,12;
c. Stoffe nach Anhang 3 ChemV13 ;
d. Zubereitungen, die nicht gefährlich im Sinne von Artikel 3 sind und mindestens einen der folgenden Stoffe enthalten:
1. einen gesundheitsgefährdenden oder umweltgefährlichen Stoff in einer Einzelkonzentration von ≥ 1,0 Gewichtsprozent (nicht gasförmige Zubereitungen) beziehungsweise von ≥ 0,2 Volumenprozent (gasförmige Zubereitungen),
2. einen karzinogenen Stoff der Kategorie 2, einen reproduktionstoxischen Stoff der Kategorie 1A, 1B oder 2, ein Hautallergen der Kategorie 1, ein Inhalationsallergen der Kategorie 1, einen Stoff, der Wirkungen auf oder über die Laktation hat, oder einen PBT- oder vPvB-Stoff in einer Einzelkonzentration von ≥ 0,1 Gewichtsprozent,
3. einen Stoff nach Anhang 3 ChemV in einer Einzelkonzentration von ≥ 0,1 Gewichtsprozent,
4. einen Stoff, für den ein Grenzwert für die Exposition am Arbeitsplatz in den Richtlinien 2000/39/EG, 2006/15/EG, 2009/161/EU, (EU) 2017/164 oder (EU) 2019/1831 festgelegt ist.
Die Verordnung sieht keine Bagatellmengen vor, unter denen ein Stoff oder eine Zubereitung nicht gemeldet werden muss, ausser bei Zwischenprodukten und Zubereitungen, die ausschliesslich für berufliche Verwenderinnen bestimmt sind. Für diese beiden Ausnahmen ist eine Schwelle von 100 kg/Jahr festgelegt.
Ist eine Zubereitung ausschliesslich mit einem oder mehreren EUH-Sätzen (z.B. EUH208 Enthält «Name des sensibilisierenden Stoffes». Kann allergische Reaktionen hervorrufen.) zu kennzeichnen, gilt die Chemikalie nicht als gefährlich nach Chemikalienverordnung. Wenn die Zubereitung jedoch einen in Art. 19 Buchstabe d ChemV genannten Stoff über der Konzentrationsgrenze enthält, muss das Produkt gemeldet werden und es ist ein Sicherheitsdatenblatt für die Abgabe an berufliche Verwenderinnen zu erstellen.
Bemerkungen zu Stoffen
Gemäss Art. 26 Abs. 3 ChemV müssen neue Stoffe, die nicht der Anmeldepflicht unterliegen, gemeldet werden (siehe Wegleitung zu neuen Stoffen14), wenn sie
• gefährlich im Sinne von Art. 3 ChemV sind, und/oder
• PBT und/oder vPvB-Eigenschaften im Sinne von Art. 4 ChemV aufweisen.
Zwischenprodukte sind gemäss ihrer Definition Stoffe (Art. 2 Abs. 2 Bst. j ChemV). Zwischenprodukte sind von der Meldepflicht ausgenommen, wenn sie
• unter 100 kg pro Jahr in Verkehr gebracht werden,
• nicht vermarktet werden oder
• das Werksgelände nicht verlassen.
Sofern sie meldepflichtig sind, muss die Herstellerin sie spezifisch als Zwischenprodukte deklarieren.
Nanomaterialien müssen bei ihrer Meldung spezifisch als Nanomaterialien deklariert werden. Ein Nanomaterial kann ein multikonstituierter Stoff sein (multi-constitute substance) oder zu mehr als 80% aus einem Stoff (mono-constitute substance) bestehen. Dies gilt auch für Zubereitungen, die Nanomaterialien enthalten. Die Schweizer Behörden wenden bei Nanomaterialien das ECHA-Guidance-Dokument «Erstellung von Registrierungsdossiers, die Nanoformen abdecken – Bewährte Verfahren» sinngemäss an.15 Neben den als gefährlichen eingestuften Nanomaterialien fallen auch diejenigen unter die Meldepflicht, die gezielt biopersistente Fasern oder Röhren mit einer Länge von mehr als 5 µm enthalten.
9Als biopersistent gelten Materialien mit einer Wasserlöslichkeit von weniger als 100 mg pro Liter oder mit einer Halbwertszeit in der Lunge von 40 Tagen oder mehr.
10Diese Kriterien wurden von der WHO-Definition für „respirable fibers“ und auch der gebräuchlichen Definition der „high aspect ratio nanomaterials“ abgeleitet. Das Material muss aber auch der Definition eines Nanomaterials gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. q entsprechen, um unter die Meldepflicht zu fallen.
11Als persistent, bioakkumulierbar und toxisch (PBT) gelten Stoffe, die die Kriterien nach Anhang XIII Abschnitte 1.1.1-1.1.3 der EU-REACH-Verordnung erfüllen.
12Als sehr persistent und sehr bioakkumulierbar (vPvB) gelten Stoffe, die die Kriterien nach Anhang XIII Abschnitte 1.2.1 und 1.2.2 der EU-REACH-Verordnung erfüllen.
13Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC), übernommen aus der Kandidatenliste der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) (Artikel 59 EU-REACH-Verordnung); https://www.anmeldestelle.admin.ch/chem/de/home/themen/recht-wegleitungen/chemikalienrecht/chemikalienverordnung.html
14Siehe https://www.anmeldestelle.admin.ch/chem/de/home/themen/pflicht-hersteller/stoffe/neuer-stoff/stoffe-anmeldepflicht-ausgenommen.html
15https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/6dc3d254-6c2c-11e7-b2f2-01aa75ed71a1/language-de