Artikel 95 (der EU Biozidprodukteverordnung, BPR)

Mit der Biozidprodukteverordnung (VBP; SR 813.12) wird der Schutz des geistigen Eigentums an (Forschungs-)Daten von Wirkstoffen auch in der Schweiz geregelt. In Übereinstimmung mit den entsprechenden Vorschriften in der EU-Biozidprodukteverordnung1 (BPR) dürfen nur noch solche Produkte vermarktet werden, deren Wirkstoffe von gelisteten Lieferanten stammen.

1. Hintergrund und Ziel

In der EU haben sich bestimmte Hersteller und Importeure von Wirkstoffen am bisher laufenden Arbeitsprogramm2 zur umfassenden human- und ökotoxikologischen Evaluation von notifizierten Wirkstoffen beteiligt und Wirkstoffdossiers eingereicht. Damit waren bzw. sind für diese Firmen erhebliche Kosten (für die Forschung bis zur Marktreife) entstanden. Mit Artikel 95 BPR wird dafür gesorgt, dass die bisher nicht Beteiligten auch in die finanzielle Pflicht genommen werden (Verhinderung von "Trittbrett-Fahrern") und alle sich gleichermassen an den Kosten für die Wirkstoffgenehmigung beteiligen.

Alle Lieferanten von Wirkstoffen, zu denen validierte Dossiers vorliegen, werden von der ECHA in die "List of active substance suppliers" (auch "Artikel 95-Liste" genannt, siehe Linkliste) aufgenommen. Jene Personen, die sich am Arbeitsprogramm beteiligt haben, werden automatisch von der ECHA in die Liste aufgenommen. Ein zusätzlicher Wirkstoffhersteller kann jederzeit ein vollständiges Stoffdossier oder eine Zugangsbescheinigung vorlegen, um in die Liste aufgenommen zu werden. Auch Biozidprodukte-Hersteller oder Importeure haben die Möglichkeit, Wirkstoffe in die Liste aufnehmen zu lassen, wenn es der Hersteller in der Lieferkette nicht tut. Gestützt auf das MRA benötigen Firmen mit Sitz in der Schweiz keine Vertretung in der EU, um in die "Artikel 95-Liste" aufgenommen werden zu können. Die erste offizielle "Artikel 95-Liste" der ECHA wurde am 24. September 2014 publiziert (siehe Linkliste) und wird nun monatlich durch die Agentur aktualisiert. Diese Liste wird auch von den schweizerischen Behörden verwendet.

2. Welche Biozidprodukte sind betroffen?

In der EU kommt Art. 95 BPR seit dem 1. September 2015 bei Biozidprodukten zum Tragen, die aufgrund von Übergangsbestimmungen in den EU Staaten ohne Zulassung gemäss BPR verkehrsfähig sind (Biozidprodukte mit notifizierten, noch nicht genehmigten Wirkstoffen). In der Schweiz dürfen solche Biozidprodukte mit den Übergangszulassungen ZN und ZB in Verkehr gebracht werden. Dieses Konzept der BPR zur Gleichbehandlung aller Personen, die Wirkstoffe und Biozidprodukte in Verkehr bringen, wird in der Schweiz durch Anhang 8 Ziff. 1.2 VBP umgesetzt. Davon sind wie gesagt alle Übergangszulassungen ZN und ZB betroffen.

3. Was müssen Gesuchstellerinnen einer Zulassung ZN tun?

In der Folge müssen die Gesuchstellerinnen von Übergangszulassungen ZN der Anmeldestelle Chemikalien (ASChem) folgende Informationen (gemäss Anhang 8 Ziff. 1.2 VBP) bei der Gesuchstellung zukommen lassen:

  • den Nachweis, dass die Lieferanten, von denen die im Biozidprodukt enthaltenen Wirkstoffe bezogen werden, in der Liste gemäss Artikel 95 Absatz 1 BPR3 aufgeführt sind;

    oder

  • falls die ECHA die Aufnahme in die Liste genehmigt aber noch nicht publiziert hat: eine beglaubigte Kopie des Entscheids der ECHA über die Aufnahme der Lieferanten, von denen die im Biozidprodukt enthaltenen Wirkstoffe bezogen werden;

    oder

  • Bezeichnung der Daten, bei denen die Schutzdauer gemäss Artikel 28 VBP abgelaufen ist;

Für die in einem Biozidprodukt enthaltenen Wirkstoffe der Kategorien 1-5 und 7 in Anhang 1 VBP muss dieser Nachweis nicht erbracht werden.

Für den oben genannten Nachweis stellt die ASChem ein PDF-Formular auf ihrer Internetseite bereit, mit dem die Gesuchstellerin für eine Zulassung ZN die Herkunft ihrer Wirkstoffe deklarieren bzw. allfällige Ausnahmen geltend machen können.

Wichtig:

Es reicht, wenn innerhalb der Lieferkette Ihres Biozidproduktes eine Firma auf der ECHA Liste für den entsprechenden Wirkstoff und die entsprechende Produktart eingetragen ist. Klären Sie innerhalb Ihrer Lieferkette ab, wer auf der ECHA Liste eingetragen ist bzw. den Antrag auf Eintrag stellt und schicken Sie der Anmeldestelle umgehend das ausgefüllte Nachweisformular!

Was tun, wenn Ihr Lieferant nicht in der ECHA Liste eingetragen ist und niemand in Ihrer Lieferkette einen Antrag stellen wird?

  • Antrag bei der ECHA auf Aufnahme Ihrer Firma in die Liste stellen: dazu müssen Sie Unterlagen gem. Art. 95 Abs. 1 BPR einreichen (Zugangsbescheinigung zum Wirkstoffdossier oder ein eigenes Wirkstoffdossier).

Gestützt auf das MRA benötigen Firmen mit Sitz in der Schweiz keine Vertretung in der EU, um in die "Artikel 95-Liste" aufgenommen werden zu können.

oder

  • Wechsel Lieferkette: Wirkstoff bzw. Produkt von einer Firma beziehen, die auf der ECHA Liste eingetragen ist (bedingt ein Gesuch auf Änderung der Zulassung)

    oder

  • Vermarktung des Produktes einstellen. Biozidprodukte, die Wirkstoffe von nicht gelisteten Firmen enthalten, dürfen in der Schweiz nicht in Verkehr gebracht und nicht an Endverbraucher abgegeben werden.

4. Wie gelangt ein Wirkstoff- bzw. Produktlieferant auf die Artikel 95-Liste der ECHA?

Gestützt auf das MRA können Firmen mit Sitz in der Schweiz direkt bei der ECHA einen Antrag auf Aufnahme in die "Artikel 95-Liste" stellen. Informationen darüber, welche Schritte eine Firma unternehmen muss, um auf die "Artikel 95-Liste" der ECHA zu gelangen, und einen Überblick über den Zulassungsprozess der ECHA, erhalten Sie auf der ECHA-Webseite (siehe Linkliste). 

 

 

1] Art. 95 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten, ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014, ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22.

2] Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 der Kommission vom 4. August 2014 über das Arbeitsprogramm zur systematischen Prüfung aller in Biozidprodukten enthaltenen alten Wirkstoffe gemäss der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 294 vom 10.10.2014, S.1.

3] s. Fussnote 1

Letzte Änderung 17.12.2020

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