Veröffentlicht am 21. April 2023
4. Welche Stoffe und Zubereitungen müssen gemeldet werden?
Nach Artikel 48 Abs. 1 ChemV muss die Herstellerin folgende Stoffe und Zubereitungen innert drei Monaten nach dem erstmaligen Inverkehrbringen melden:
- a. die in Artikel 19 genannten Stoffe und Zubereitungen, unabhängig davon, ob für diese ein Sicherheitsdatenblatt erstellt werden muss;
- b. Nanomaterialien, die nicht unter Buchstabe a fallen und die gezielt biopersistente9 Fasern oder Röhren mit einer Länge von mehr als 5 µm enthalten10
Bei den in Artikel 19 genannten Stoffen und Zubereitungen handelt es sich um folgende:
- a. gefährliche Stoffe und Zubereitungen (Artikel 3 ChemV);
- b. PBT- und vPvB-Stoffe11,12;
- c. Stoffe nach Anhang 3 ChemV13 ;
- d. Zubereitungen, die nicht gefährlich im Sinne von Artikel 3 sind und mindestens einen der folgenden Stoffe enthalten:
- 1. einen gesundheitsgefährdenden oder umweltgefährlichen Stoff in einer Einzelkonzentration von ≥ 1,0 Gewichtsprozent (nicht gasförmige Zubereitungen) beziehungsweise von ≥ 0,2 Volumenprozent (gasförmige Zubereitungen),
- 2. einen karzinogenen Stoff der Kategorie 2, einen reproduktionstoxischen Stoff der Kategorie 1A, 1B oder 2, ein Hautallergen der Kategorie 1, ein Inhalationsallergen der Kategorie 1, einen Stoff, der Wirkungen auf oder über die Laktation hat, oder einen PBT- oder vPvB-Stoff in einer Einzelkonzentration von ≥ 0,1 Gewichtsprozent,
- 3. einen Stoff nach Anhang 3 ChemV in einer Einzelkonzentration von ≥ 0,1 Gewichtsprozent,
- 4. einen Stoff, für den ein Grenzwert für die Exposition am Arbeitsplatz in den Richtlinien 2000/39/EG, 2006/15/EG, 2009/161/EU, (EU) 2017/164 oder (EU) 2019/1831 festgelegt ist.
Die Verordnung sieht keine Bagatellmengen vor, unter denen ein Stoff oder eine Zubereitung nicht gemeldet werden muss, ausser bei Zwischenprodukten und Zubereitungen, die ausschliesslich für berufliche Verwenderinnen bestimmt sind. Für diese beiden Ausnahmen ist eine Schwelle von 100 kg/Jahr festgelegt.
Ist eine Zubereitung ausschliesslich mit einem oder mehreren EUH-Sätzen (z.B. EUH208 Enthält «Name des sensibilisierenden Stoffes». Kann allergische Reaktionen hervorrufen.) zu kennzeichnen, gilt die Chemikalie nicht als gefährlich nach Chemikalienverordnung. Wenn die Zubereitung jedoch einen in Art. 19 Buchstabe d ChemV genannten Stoff über der Konzentrationsgrenze enthält, muss das Produkt gemeldet werden und es ist ein Sicherheitsdatenblatt für die Abgabe an berufliche Verwenderinnen zu erstellen.
9Als biopersistent gelten Materialien mit einer Wasserlöslichkeit von weniger als 100 mg pro Liter oder mit einer Halbwertszeit in der Lunge von 40 Tagen oder mehr.
10Diese Kriterien wurden von der WHO-Definition für „respirable fibers“ und auch der gebräuchlichen Definition der „high aspect ratio nanomaterials“ abgeleitet. Das Material muss aber auch der Definition eines Nanomaterials gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. q entsprechen, um unter die Meldepflicht zu fallen.
11Als persistent, bioakkumulierbar und toxisch (PBT) gelten Stoffe, die die Kriterien nach Anhang XIII Abschnitte 1.1.1-1.1.3 der EU-REACH-Verordnung erfüllen.
12Als sehr persistent und sehr bioakkumulierbar (vPvB) gelten Stoffe, die die Kriterien nach Anhang XIII Abschnitte 1.2.1 und 1.2.2 der EU-REACH-Verordnung erfüllen.
13Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC), übernommen aus der Kandidatenliste der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) (Artikel 59 EU-REACH-Verordnung); https://www.anmeldestelle.admin.ch/chem/de/home/themen/recht-wegleitungen/chemikalienrecht/chemikalienverordnung.htmlGemäss Art. 26 Abs. 3 ChemV müssen neue Stoffe, die nicht der Anmeldepflicht unterliegen, gemeldet werden (siehe Wegleitung zu neuen Stoffen), wenn sie:
- gefährlich im Sinne von Art. 3 ChemV sind, und/oder
- PBT und/oder vPvB-Eigenschaften im Sinne von Art. 4 ChemV aufweisen.
Zwischenprodukte sind gemäss ihrer Definition Stoffe (Art. 2 Abs. 2 Bst. j ChemV). Zwischenprodukte sind von der Meldepflicht ausgenommen, wenn sie:
- unter 100 kg pro Jahr in Verkehr gebracht werden,
- nicht vermarktet werden oder
- das Werksgelände nicht verlassen.
Sofern sie meldepflichtig sind, muss die Herstellerin sie spezifisch als Zwischenprodukte deklarieren.
Nanomaterialien müssen bei ihrer Meldung spezifisch als Nanomaterialien deklariert werden. Ein Nanomaterial kann ein multikonstituierter Stoff sein (multi-constitute substance) oder zu mehr als 80% aus einem Stoff (mono-constitute substance) bestehen. Dies gilt auch für Zubereitungen, die Nanomaterialien enthalten. Die Schweizer Behörden wenden bei Nanomaterialien das ECHA-Guidance-Dokument «Erstellung von Registrierungsdossiers, die Nanoformen abdecken – Bewährte Verfahren» sinngemäss an. Neben den als gefährlichen eingestuften Nanomaterialien fallen auch diejenigen unter die Meldepflicht, die gezielt biopersistente Fasern oder Röhren mit einer Länge von mehr als 5 µm enthalten.Die ChemV sieht allgemeine Ausnahmen von der Meldepflicht für Stoffe und Zubereitungen vor (Art. 1 Abs. 5-6 und Art. 54 ChemV):
- den Transport von Stoffen und Zubereitungen auf der Strasse, der Schiene, dem Wasser, in der Luft und in Rohrleitungsanlagen;
- die Durchfuhr von Stoffen Zubereitungen unter Zollüberwachung, sofern dabei keine Be- oder Verarbeitung erfolgt;
- Stoffe und Zubereitungen, die ausschliesslich für Analyse-, Forschungs- oder Entwicklungszwecke in Verkehr gebracht werden;
- Stoffe, die ausschliesslich zu Bildungszwecken in Verkehr gebracht werden;
- Stoffe und Zubereitungen in Form folgender Fertigerzeugnisse, die für berufliche oder private Verwenderinnen bestimmt sind:
- Lebensmittel nach Artikel 4 des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 2014 (LMG),
- Arzneimittel nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a und Medizinprodukte nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 2000 (HMG),
- Futtermittel im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Futtermittel-Verordnung vom 26. Oktober 2011 (FMV);
- Waffen und Munition nach Artikel 4 Absätze 1 und 5 des Waffengesetzes vom 20. Juni 1997;
- Stoffe, Zubereitungen und Gegenstände, die nach Artikel 7 Absatz 6 USG Abfälle sind;
- Kosmetische Mittel (im Sinne von Art. 53 Lebensmittel- und Gebrauchsgegenstände-verordnung (LGV; SR 817.02));
- Produktimporte für private Zwecke;
- Stoffe und Zubereitungen zur ausschliesslichen Verwendung als Rohstoffe für Lebensmittel, Heilmittel, Futtermittel;
- Gasmischungen mit ausschliesslich gemeldeten Gaskomponenten;
- Gase und Gasmischungen, die ausschliesslich in der Gefahrenkategorie «Gase unter Druck» eingestuft sind;
- Zulassungspflichtige Chemikalien: Pflanzenschutzmittel; Biozidprodukte; bewilligungs- und anmeldepflichtige Stoffe und Dünger, Sprengmittel und pyrotechnische Gegenstände;
- Zubereitungen, die nicht gefährlich im Sinne von Artikel 3 ChemV sind und sich in Verpackungen von nicht mehr als 200 ml Inhalt befinden, wenn sie in der Schweiz hergestellt und direkt von der Herstellerin an die berufliche oder private Verwenderin abgegeben werden;
- Zubereitungen, die in Mengen unter 100 kg pro Jahr in Verkehr gebracht werden und ausschliesslich für berufliche Verwenderinnen bestimmt sind;
- Stoffe, die in der Schweiz bezogen werden,
- Zubereitungen, die in der Schweiz bezogen und in einer anderen als von der ursprünglichen Herstellerin vorgesehenen Verpackung abgegeben werden, sofern:
- der Handelsname, die Zusammensetzung, der eindeutige Rezepturidentifikator (UFI) und der Verwendungszweck unverändert sind, und
- der Name der ursprünglichen Herstellerin zusätzlich angegeben wird;
- eingeführte Stoffe und Zubereitungen, die ausschliesslich umetikettiert und ansonsten unverändert ausgeführt werden;
- Zwischenprodukte, die:
- nicht an Dritte abgegeben werden,
- den Herstellungsstandort nicht verlassen, oder
- in Mengen unter 100 kg pro Jahr in Verkehr gebracht werden;
- Von den Meldepflichten (bzw. Anmeldepflichten) nicht ausgenommen sind Zwischenprodukte in Form von Monomeren, die neue Stoffe sind.
- auf Wunsch formulierte Anstrichfarben, die in begrenzten Mengen für einen einzelnen Verbraucher oder gewerblichen Anwender in der Verkaufsstelle durch Abtönen oder Farbmischen formuliert werden, sofern:
- die Anforderungen von Artikel 25 Absatz 8 der EU-CLP-Verordnung eingehalten werden, oder
- die möglichen gesundheitsgefährlichen Farbmittel in der Konzentration, in der sie maximal zugemischt werden, in der Meldung der Basisfarbe angegeben sind; in diesem Fall ist das Produkt mit dem UFI der Basisfarbe zu kennzeichnen;
Beton, Gips und Zement, die den Standardformulierungen gemäss Anhang VIII Teil D der EU-CLP-Verordnung entsprechen und die mit dem von der Anmeldestelle vorgegebenen UFI ausgestattet sind.
Wenn bestimmte Zubereitungen über einen UFI verfügen, müssen sie gemeldet werden auch wenn sie unter eine Ausnahme fallen, damit die gesundheitliche Notversorgung sichergestellt werden kann und das Tox Info Suisse keine unnötige Zeit verliert, um festzustellen, dass zum UFI keine Rezeptur hinterlegt ist. Dies gilt für folgende Zubereitungen:
- Zubereitungen, die ausschliesslich für Analyse-, Forschungs- oder Entwicklungszwecke in Verkehr gebracht werden;
- Zubereitungen, die ausschliesslich für Lebensmittel, Heilmittel oder Futtermittel verwendet werden;
- Zubereitungen, die nicht gefährlich im Sinne von Artikel 3 sind und sich in Verpackungen von nicht mehr als 200 ml Inhalt befinden, wenn sie in der Schweiz hergestellt und direkt von der Herstellerin an die berufliche oder private Verwenderin abgegeben werden;
- Zubereitungen, die in Mengen unter 100 kg pro Jahr in Verkehr gebracht werden und ausschliesslich für berufliche Verwenderinnen bestimmt sind;
- Gasmischungen, die ausschliesslich aus gemeldeten Gasen bestehen;